Nürnberg, 24. Oktober 2016. Die Evangelische Jugend Nürnberg (ejn) hat im September 2016 ihren neuen Fachbereich „Migration/Integration“ aus der Taufe gehoben. Mit Fördermitteln der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern (ELKB) und mit Eigenmitteln finanziert die ejn für zwei Jahre fünf Stellen für die Integrationsarbeit mit jungen Geflüchteten und ihren Familien. Seit ein paar Wochen ist das Team der IntegrationslotsInnen am Start. Ihr Ziel: die Integration von jungen Menschen mit Fluchterfahrung in die inklusive Stadtgesellschaft. „Nachdem wir schon seit längerem die Entwicklung eines umfassenden Integrationskonzepts für Nürnberg angeregt haben, fangen wir jetzt mit einem eigenen Team damit an“, erklärt Dekanatsjugendpfarrer Thomas Kaffenberger.
Sie sollen Hemmschwellen, Vorurteile und sonstige Barrieren überwinden helfen – und zwar bei den Einheimischen genauso wie bei jungen Geflüchteten und deren Familien. Sie sollen nicht warten, bis ihre Zielgruppen zu ihnen kommen, sondern dorthin gehen, wo sie gebraucht werden. Und wenn sie es dann noch schaffen, nach zwei Jahren einen oder mehrere Wege zu definieren, wie Integration gelingen kann, haben sie die kühnsten Hoffnungen ihrer Dienstgeberin erfüllt. Kurz: Die fünf frisch gebackenen IntegrationslotsInnen der ejn stehen vor einem großen Berg an Herausforderungen. „Unsere Aufgabe ist es, gesellschaftliche und kulturelle Grenzen zu überqueren, mentale Mauern einzureißen und Wege zu schaffen, die von Geflüchteten und Einheimischen gemeinsam begangen werden können“, bringt Integrationslotse Marcel Roß, zuständig für offene Integrationsarbeit im Nürnberger Süd-Osten, den Auftrag des Teams auf den Punkt.
Agieren wird das neue Team auf den klassischen Arbeitsfeldern der ejn, der Gemeindejugendarbeit, der Schulbezogenen und der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. „Dabei sollen aber keine Parallelstrukturen aufgebaut werden. Vielmehr verstehen wir Integration als Querschnittsaufgabe und wollen sie in alle Ebenen haupt- und ehrenamtlicher Arbeit hineintragen“, stellt Martin Nugel, der Leiter des neuen Fachbereichs, klar. Es geht vor allem darum, auf der oftmals bereits vorhandenen Erfahrung der verschiedenen Teams aufzubauen und diese bei ihrer Integrationsarbeit wirksam und sinnvoll zu unterstützen oder zu ergänzen. „Die Offenheit dafür ist bei den Mitarbeitenden der ejn groß. Schließlich ist uns die integrative Arbeit von je her ein Anliegen und manch eine und einer hat sich genau diese Unterstützung gewünscht“, ist sich Thomas Kaffenberger sicher.
Einen Plan, wie die IntegrationslotsInnen arbeiten sollen, gibt es bereits. Er hört auf den Namen „In sieben Schritten zur Integration“ und sieht so aus:
1) Intensivierung des Kontakts zu Helfersystemen (z.B. Asylsozialberatung, Jugendmigrationsdienst, Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen in Unterkünften, ehrenamtlichen Helferkreisen).
2) Zugang zu Unterkünften bzw. Aufsuchen der öffentlichen Räume, an denen sich die Kinder und Jugendlichen aufhalten.
3) Kontaktaufnahme zur primären Zielgruppe mit gegenseitigem Kennenlernen.
4) Entwicklung von freizeitpädagogischen Angeboten und Angeboten informeller Alltagsbildung.
5) Begegnungen mit „einheimischen“ Kindern und Jugendlichen schaffen und verstetigen.
6) Einmünden in bestehende Angebote der Jugendarbeit und gemeinsames Entwickeln neuer Angebote unter besonderer Berücksichtigung der Fähigkeiten und Kompetenzen, die die neu hinzugekommenen Kinder und Jugendlichen mitbringen.
7) Parallel dazu: Vernetzungsarbeit in den Stadtteilen, innerhalb der Stadt Nürnberg und des Dekanats.
Als besonders wichtigen Grundsatz der integrativen Arbeit erachtet Martin Nugel „das aktive Zugehen“ auf die Zielgruppen der Geflüchteten und der Einheimischen. „Wir können nicht abwarten, ob die Kinder und Jugendlichen aus den Unterkünften von sich aus zu uns kommen und unsere Angebote wahrnehmen. Wir müssen auf sie zugehen und ihnen das Vertrauen vermitteln, hier willkommen zu sein.“
Neben der konkreten integrativen Arbeit und der Schaffung möglichst stabiler und bleibender Strukturen für die Integration junger Geflüchteter geht es aber noch um mehr. Nach Möglichkeit sollen aus der praktischen Arbeit Modelle abgeleitet werden, wie Integration in Nürnberg funktionieren kann, und vielleicht auch die ein oder andere Forderung in Richtung der Politik. „Wenn wir merken, dass es bei der Integrationsarbeit aufgrund der gesetzlichen oder strukturellen Rahmenbedingungen irgendwo hakt, werden wir das in politische Forderungen transformieren und den Dialog mit den Verantwortlichen suchen“, kündigt Thomas Kaffenberger an.